Heinrich Kenzler (Heinrichas Kenzleris)

Heinrich Kenzler

Heinrich Kenzler

Heinrichas Kenzleris

 

„Bis heute fühle ich mich einer litauischen Frau zu Dank verpflichtet, deren Namen ich nicht einmal kenne.“

 

Heinrich Kenzler wurde am 11. Oktober 1934 im ostpreußischen Kalaushöfen als Sohn von Hermann und Maria Kenzler geboren. Heinrich war das dritte von neun Kindern. Zwei seiner Geschwister starben bereits als Kleinkinder.

Bis zum Sommer 1944 besuchte Heinrich die Schule und war Mitglied der Hitlerjugend. Im August 1944 wurden Hermann und Maria Kenzler gezwungen, mit der Familie ihr Heim zu verlassen und sich auf die Semba-Halbinsel zu begeben. Weil es permanent an Nahrung mangelte, begann Hans für sich und seine Angehörigen Essen zu stehlen.

Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges wurde Hermann Kenzler an die Front geschickt. Nur wenig später erhielt seine Familie die Nachricht, dass er in Trakehnen gefallen sei. Maria Kenzler blieb mit sieben Kindern zurück. Das älteste war damals dreizehn, das jüngste zwei Jahre alt. Im Sommer 1945 begann Heinrich im ostpreußischen Pobethen als Pferdeknecht zu arbeiten. Anfang 1946 kam ein LKW mit sowjetischen Soldaten angefahren und brachte ihn mit seinen Geschwistern nach Aslacken bei Wehlau, wo sie auf einer Kolchose arbeiten mussten. Es selbst war für zwei Pferdeställe zuständig. Für seine Arbeit erhielt er ein wenig Brot, mit dem er zugleich das Pferd füttern musste. Heinrichs Mutter verletzte sich bei dieser Arbeit ein Bein, erlitt eine Blutvergiftung und starb kurz darauf. Die Kinder waren von da an auf sich gestellt.

Dann kam Heinrich zu Ohren, dass man nach Litauen fahren könne, wo man von den Bauern zu Essen bekomme. Er packte sein Bündel und fuhr mit dem Zug nach Litauen. In der Gegend um Tauragė bettelte er sich eine Zeitlang durch. Er erinnert sich: „Die Einheimischen haben mich recht anständig behandelt. Sie haben mich in ihr Haus gelassen und mir Mehl und Eier gegeben.“ So zog er von Hof zu Hof. Von einer Litauerin bekam er ein paar Hosen und er weiß noch, dass sie sich über das Schicksal des bettelnden Kindes sehr erschüttert zeigte. Hans fühlt sich ihr bis heute zu Dank verpflichtet, obwohl er nicht einmal ihren Namen weiß. Wenn er genügend Lebensmittel beisammen hatte, brachte er es zu den Seinigen nach Ostpreußen. Er fuhr regelmäßig nach Litauen, da seine Geschwister noch klein waren. Im Sommer 1946 mussten sie das Ziegelhaus, in dem sie damals wohnten, für neu eintreffende Familien aus Russland räumen. Sie selbst begnügten sich von da an mit einer schäbigen Hütte mit Strohdach. So lebten sie bis Anfang 1948 ohne jegliche Aufsicht oder medizinische Versorgung. Über Wasser hielten sie sich unter anderem mit Kräutern, Beeren sowie aufgeweichten Kartoffeln, die sie in einem Keller gefunden hatten.

Als sie den Hungerwinter 1948 überstanden hatten, wurden Heinrich und seine Geschwister von sowjetischen Soldaten in ein Kinderheim in der Nähe von Insterburg gebracht. Hier wurden sie zum ersten Mal nach langer Zeit umfassend betreut. Sie erhielten Verpflegung, neue saubere Kleidung und wurden medizinisch versorgt. Im Herbst des gleichen Jahres wurde Heinrich Kenzler in ein Kinderheim in Königsberg verlegt, und am 5. Oktober schließlich in das Kinderheim Eggesin in der Deutsche Demokratische Republik (damalige DDR). Von dort aus dann wurde er mit anderen Kindern in das Kinderheim Pinnow (damalige DDR) gebracht, und noch etwas später nach Kyritz (damalige DDR), wo er sieben Schulklassen absolvierte, die achte schließlich übersprang und von da an die Polytechnische Oberschule in Buckow (heute Märkische Schweiz) besuchte. Einige Jahre später wurde Heinrich auf der Panzertechnische Offiziersschule aufgenommen und dort zum Militäringenieur ausgebildet.

1956 hat Heinrich Kenzler im Kinderheim Kyritz (damalige DDR) seine spätere Frau Sieglinde kennengelernt. Sie war aus Litauen angereist, um ihre Geschwister zu besuchen.

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