Das Ende des 2. Weltkrieges in Ostpreussen

Das Ende des 2. Weltkrieges in Ostpreussen

Noch vor Ende des 2. Weltkriegs, vom 28. November bis zum 1. Dezember 1943, fand in Teheran (Iran) eine Gipfelkonferenz der Länder der Anti-Hitler-Koalition, d.h. der Sowjetunion (UdSSR), Großbritanniens und der USA statt. Teilnehmer der Konferenz waren die Staatschefs Josif Stalin, Winston Churchill und Franklin Roosevelt sowie Diplomaten und Militärchefs der Länder. Im Verlauf der Konferenz schlug J. Stalin ein Teilungsprinzip für Ostpreußen vor: Memel und Königsberg sollten der UdSSR zufallen, der Südteil des Landes Polen. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde dieses Prinzip im Wesentlichen umgesetzt. Allerdings hatte diese Teilung nur auf dem Papier den Anschein einer schlichten Formalität. Der Weg der Teilung ist gezeichnet von dem Tod unzähliger Zivilisten. Am 1. Oktober 1944 marschierte die 3. Weißrussische Front der Roten Armee in Ostpreußen ein. Begleitet wurde der Siegeszug von in hunderttausenden Exemplaren gedruckten und verteilten Aufrufen des sowjetischen Propagandisten und Schriftstellers Ilja Ehrenburg, der damals im Armeestab der 3. Weißrussischen Front diente: „Es gibt nichts, was an den Deutschen unschuldig ist, nicht an den Lebenden und nicht an den Ungeborenen! Folgt der Weisung des Genossen Stalin und zerstampft die faschistische Bestie für immer in ihrer Höhle. Brecht mit Gewalt den Rassehochmut der germanischen Frauen. Nehmt sie als rechtmäßige Beute. Tötet, tapfere Rotarmisten!“ Diese Aufrufe schürten die tierischen Instinkte des sowjetischen Soldaten noch mehr. In der Sowjetpropaganda wurden Königsberg und das gesamte Ostpreußen als Festung des deutschen Militarismus dargestellt. Ihn galt es zu vernichten, um sich so am Feind für dessen begangene Verbrechen zu rächen.

Die einmarschierenden sowjetischen Soldaten vergewaltigten Frauen und Mädchen, beschossen und zermalmten mit Panzern die fliehenden und die zurückgebliebenen Zivilbürger, plünderten ihre Häuser und setzten sie in Brand. Am 21. Oktober veranstalteten Rotarmisten in Nemmersdorf einem Ort südlich von Gumbinnen, ein Massaker an der unbewaffneten Zivilbevölkerung. 72 Frauen wurden vergewaltigt und auf sadistische Weise getötet.

Als die Sowjets den Königsberg zogen, wo sich zu dem Zeitpunkt um die 110.000 Zivilbürger befanden (die Stadt wurde am 9. April 1945 eingenommen), begann man die Bewohner im großen Stil zu evakuieren. Ein Teil von ihnen versuchte über den Pillauer Hafen auf Schiffen zu fliehen, jedoch wurden sie von der sowjetischen Luftwaffe und U-Booten gnadenlos attackiert. 73 Schiffe mit Flüchtlingen aus Ostpreußen wurden von den Sowjets versenkt. Die größte Tragödie ereignete sich im Zusammenhang mit dem deutschen Passagierschiff „Wilhelm Gustloff“. Am 30. Januar 1945 befanden sich auf diesem Schiff ungefähr 10.000 Zivilisten, unter ihnen ungefähr 3.000 Kinder. In der Ostsee wurde die „Wilhelm Gustloff“ von sowjetischen U-Booten angegriffen. Nur ungefähr 900 Flüchtlinge konnten gerettet werden. Trotz alledem konnte man von ungefähr einer Million ostpreußischer Flüchtlinge, die sich auf der Semba- Halbinsel versammelt hatten, fast 450.000 Zivilbürger und 140.000 deutsche Soldaten retten. Im April und Mai 1945 flüchtete ungefähr zwei Millionen Ostpreußen vor der angreifenden sowjetischen Armee nach Westdeutschland. Die Zurückgebliebenen wurden Opfer des Terrors. 1944-1948 wurden um die 300.000 Zivilisten bestialisch ermordet.

Alle Bewohner, die es nicht geschafft hatten zu fliehen, wurden in Königsberg, Insterburg, Preußisch Eylau, Heinrichswalde und Tolmingkehmen in Lagern zusammengepfercht. Deutschen Angaben zufolge waren mindestens 10.000 Zivilbürger im von den Sowjets besetzten Teil Ostpreußens in Lagern interniert. Das größte Lager befand sich in Preussisch Eylau, welches wiederum mehrere Unterabteilungen hatte. In der wissenschaftlichen Literatur der UdSSR heißt es, man habe sich in diesen Lagern um die deutschen Zivilisten gekümmert: die Internierten haben nicht nur gearbeitet, sondern auch Verpflegung und medizinischen Versorgung erhalten. Tatsächlich aber wurden sie vernichtet: sie litten unter Hunger, Kälte und Krankheiten, mussten Spott und Hohn über sich ergehen lassen, zum Teil starben sie den Hungertod.

Auf Beschluss der Potsdamer Konferenz von 2. August 1945 wurde das Gebiet um Königsberg der Sowjetunion zur Verwaltung übergeben. Am 7. April 1946 wurde das Gebiet an die UdSSR angegliedert. Er wurde in zunächst in 14, später 17 Rajongemeinden unterteilt. Am 1. Juni 1946 wurde die Militärverwaltung durch eine Zivilverwaltung ersetzt. Am 4. Juni 1946 erhielt Königsberg den Namen Kaliningrad. Am 17. Juli 1957 wurden die Vollzugskomitees der Städte und Gemeinden gegründet. Man begann mit der systematischen Vernichtung authentischer Ortsnamen, Hydronyme, Straßennamen sowie des Kulturerbes der Region.

Am 11. Oktober 1947 verabschiedete der Ministerrat der UdSSR den Beschluss „Zur Umsiedlung von Deutschen aus dem Gebiet Kaliningrad in der Russischen SSR in die sowjetische Besatzungszone in Deutschland. Man erstellte Pläne und Graphiken für die Deportationen. Zunächst wählte die Obrigkeit nicht arbeitende, „nicht dem Gemeinwohl dienende“ Familien sowie Waisen und Bewohner von Altersheimen aus. Jede Familie durfte 300 kg persönliches Hab und Gut mitnehmen, ausgenommen verbotene Sachen und Wertgegenstände. Dabei handelte es sich jedoch um eine reine Formsache, denn die Menschen besaßen selten mehr als das, was sie am Leibe trugen. Angeleitet wurden die Deportationen von dem stellvertretenden Innenminister der UdSSR Iwan Serow, der sich bereits vorher bei der Verbannung von Kalmücken, Tschetschenen und Inguschen hervorgetan hatte. Im Oktober 1947 wurden aus dem Gebiet Kaliningrad 11.352 Personen ausgesiedelt. Im Winter musste man die Ausfuhr von Menschen aus Ostpreußen aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse bis Beginn 1948 unterbrechen. Zwischen dem 24. August und dem 26. Oktober 1948 trafen in der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland 21 Züge mit 42.092 Deutschen aus dem Gebiet Kaliningrad ein. Sowjetischen Statistiken zufolge wurden in den Jahren 1947-48 aus dem Kaliningrader Gebiet 102.125 Menschen ausgesiedelt. Am 30. November 1948 wurde offiziell bekannt gegeben, dass alle Deutschen das Kaliningrader Gebiet verlassen hatte.

Man kann sagen, dass das deutsche Erbe Ostpreußens bis zum Ende des Jahres 1948 komplett vernichtet war. Aus hinzugezogenen Bewohnern der Sowjetunion, demobilisierten Soldaten der Roten Armee und anderen Personen formierte sich allmählich ein neues Kontingent von russischsprechenden Bewohnern.

Nach diesen Vertreibungen wandte man sich den sowjetisch besetzten Gebieten zu. Vom 10. bis zum 12. Mai 1951 wurden die sogenannten Kaliningrader Deutschen aus Litauen, Lettland, Weißrussland, der Ukraine und dem Kaliningrader Gebiet selbst deportiert. Dabei wurden 3.695 in Ostpreußen geborene Personen gesammelt, registriert und in die Deutsche Demokratische Republik umgesiedelt.

Unter dem Stillschweigen der Weltöffentlichkeit vollzog die UdSSR den Ethnozid der Deutschen in Ostpreußen: sie vertrieben die ursprünglichen Landbewohner, eigneten sich ihr Land und ihren Besitz an, änderten die geografischen Namen und kolonisierten das Land mit russischsprachigen Bewohnern.

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